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06.07.2018
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SPNV-Qualitätsbericht des NVR: 2017 brachte Verschlechterungen bei Pünktlichkeit und Kapazität

Überlastete Schieneninfrastruktur, schwankende Betriebsqualität und viele Baustellen beeinträchtigen den Nahverkehr im Rheinland. Einen umfassenden Einblick in die Entwicklungen des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) gewinnen, Hintergründe erkennen und Handlungsansätze für die Zukunft skizzieren: Das sind die Ziele des SPNV-Qualitätsberichts, den der Nahverkehr Rheinland (NVR) jährlich herausgibt. 

Jetzt wurde der Bericht für 2017 vorgelegt. Nach zuletzt positiven Entwicklungen hat sich der Trend im Jahr 2017 leider nicht halten lassen. Trotz einiger positiver Impulse – etwa beim Fahrzeugzustand oder der Personalbesetzung – hat sich die SPNV-Qualität zuletzt verschlechtert.

Besonders zeigen sich die Probleme bei der Bereitstellung der vertraglich vereinbarten Sitzplatzkapazitäten. Bereits im zweiten Jahr in Folge verschlechterten sich die Werte hier. Auf den RegionalExpress (RE) -Linien fielen 2 Prozent der Sitzplatzkapazitäten aus (2016: 1,2), auf den RegionalBahn (RB)-Linien 1,5 (2016: 1 Prozent) und auf der S-Bahn 1,1 Prozent (2016: 0,9). Hintergrund waren meist Probleme mit der Fahrzeugverfügbarkeit. Beispielsweise fiel nach dem Unfall eines National Express-Zuges in Meerbusch im November 2017 einer der beiden betroffenen Triebwagen über Monate, der andere langfristig aus. NVR-Geschäftsführer Heiko Sedlaczek betont: „Wir müssen mit aller Kraft daran arbeiten, die Qualität des SPNV im NVR-Gebiet zu stabilisieren und dann Stück für Stück wieder zu verbessern.“ Für ausreichend kalkulierte Fahrzeugreserve und Kapazitäten in den Betriebswerkstätten sind die jeweiligen Verkehrsunternehmen verantwortlich. „Wir steuern hier dem Negativtrend entgegen, indem wir bei Neuvergaben höhere Mindestreserven fordern“, erklärt Sedlaczek.

Schienennetz völlig überlastet

Nicht nur die Strecken Köln Hbf – Bonn Hbf sowie Köln Hbf – Köln Messe/Deutz und Köln Messe/Deutz – Köln Mülheim, für die Überlastungsanzeigen der DB Netz AB vorliegen, sondern auch weitere Strecken können den steigenden Bedarf an Trassen nicht mehr bedienen – die Folge ist eine zunehmende Instabilität des Betriebs. „Das vorhandene Schienennetz ist nicht mehr in der Lage, das verkehrlich notwendige Leistungsangebot aufzunehmen. Daher müssen alle Beteiligte gemeinsam daran arbeiten, die Schieneninfrastruktur auszubauen“, so Heiko Sedlaczek.

Durch ungeplante Überholungen durch den (verspäteten) Fernverkehr büßt der Nahverkehr an Pünktlichkeit ein. Ebenso spielen die durch die hohe Auslastung der Züge bedingten längeren Fahrgastwechsel eine große Rolle. Besonders betroffen sind hier die langlaufenden Regionalexpress (RE)-Linien RE 1, RE 5 und RE 6. Insgesamt haben sich die RE-Linien auf etwa 3 Minuten 13 Sekunden verschlechtert (2016: 2:48 Minuten). Bei den Regionalbahnen liegt die durchschnittliche Verspätung der RB-Linien bei 1 Minute 48 Sekunden (2016: 1:40 Minuten). Bei den S-Bahnen hat die durchschnittliche Verspätung um etwa 28 Prozent zugenommen: von 59 Sekunden auf 1 Minute und 16 Sekunden. Die Pünktlichkeit der Züge im NVR-Gebiet hat im Jahr 2017 insgesamt deutlich verschlechtert: Im Durchschnitt aller Fahrten kam eine Verspätung von 2 Minuten und 6 Sekunden zustande. Dies entspricht einem Anstieg um fast 15 Prozent im Vergleich zu 2016 (1 Minute und 50 Sekunden). Neben den Kapazitätsengpässen spielten hier auch Sturmtief „Thomas“ im Februar 2017 und verstärkte Bautätigkeit eine Rolle.

„Wir haben bereits zahlreiche regionale Bauprojekte angeschoben und mit Fördergeldern unterstützt. Jetzt müssen wir auch bei den großen Infrastrukturvorhaben wie den Maßnahmenbündeln Knoten Köln und Knoten Aachen sowie dem Rhein-Ruhr-Express Vollgas geben, um den Kunden so schnell wie möglich leistungsfähigen und nachhaltigen Nahverkehr bieten zu können. Dafür ist es unerlässlich, dass wir mit allen Beteiligten aus der Region an einem Strang ziehen“, bilanziert Sedlaczek.

Zahl der Zugausfälle schwankt stark

Zweigeteilt ist das Fazit beim Thema Zugausfälle: Während auf den RE-Linien 2017 6,3 Prozent aller Züge ausfielen (2016: 2,7 Prozent), konnten sich die RB-Linien (3,5 Prozent in 2017 statt 4,9 in 2016) und die S-Bahn-Linien (3,2 Prozent statt 7 Prozent) stabilisieren. Bedingt waren die Zugausfälle im vergangenen Jahr in der Regel durch wichtige Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen an der Infrastruktur sowie die Verschlechterung in der Betriebsstabilität. Hintergrund sind neben ungeplanten Überholungen etwa auch Unfälle oder Unwetter. Für die Mehrzahl der Ausfälle konnte den Kunden Schienenersatzverkehr zur Verfügung gestellt werden.

Entwicklung der Fahrgastzahlen

Nach dem starken Fahrgastzuwachs in 2016 (insgesamt 5,6 Prozent) konnte der SPNV im Rheinland trotz knapper Kapazitäten auch 2017 noch einmal zulegen: So stieg die Nachfrage in 2017 insgesamt um 1,2 Prozent. Den stärksten Zuwachs verbuchen dabei wieder die S-Bahnen: Nach einer Steigerung von 7,3 Prozent in 2016 stieg die Zahl der Fahrgäste im vergangenen Jahr noch einmal um 2,5 Prozent – Tendenz weiterhin steigend. Insbesondere die Schließung von Taktlücken im Nacht- und Wochenendverkehr zum kommenden Fahrplanwechsel im Dezember 2018 lässt erneuten Zuwachs erwarten.

Personal an Bord?

Das Zugpersonal hat hohen Einfluss auf das subjektive Sicherheitsempfinden der Fahrgäste. Abends und nachts ist für alle Linien Besetzung mit Personal vorgesehen. In kritischen Lagen oder an Wochenenden sind oft zwei Zugbegleiter oder Sicherheitspersonale im Einsatz. Werden die vertraglichen Vorgaben nicht erfüllt, verhängt der NVR wie auch bei anderen Vertragsverstößen finanzielle Sanktionen. Tagsüber zeigt der RE 9 mit über 60 Prozent Besetzungsquote den besten Wert. Abends und nachts erreichen National Express und transregio annähernd die geforderten 100 Prozent. Alle weiteren untersuchten Linien kommen auf 95 bis 98 Prozent.

Kundendialog: Zahl der Fahrgastbeschwerden steigt an

Die allgemeine Entwicklung auf der Schiene lässt beim Thema Kundenzufriedenheit – trotz der Verbesserungen in Teilbereichen – eine Verschlechterung der zuletzt verbesserten Werte erwarten. Dafür spricht auch eine um 13,4 Prozent gestiegene Zahl an Fahrgastbeschwerden (insgesamt 1116 in 2017) beim Kundendialog des NVR. Am häufigsten beklagten sich die Kunden über Zugausfälle und Verspätungen. Die meisten Eingaben bezogen sich auf die RB 48. Ihre Zahl lag mit 156 allerdings um knapp 36 Prozent niedriger als 2016.

Probleme mit Türen und Toiletten

Wirkung zeigt das konsequente Qualitätscontrolling des NVR beim Zustand der Fahrzeuge. So ist der Anteil von Fahrten mit defekter Toilette bei allen untersuchten Linien gesunken. Ausgeprägt bleibt das Problem trotz deutlicher Verbesserungen auf dem RE 9. Hier liegt der Anteil der Fahrten mit defekter Toilette bei 6 Prozent (2016: 9,8). Auch bei den Vandalismusschäden ist der RE 9 vorne: 3,9 Prozent der Züge wurden 2017 Ziel von Vandalen, 2016 waren es 3,1. Beim Thema Klima kann der RE 9 allerdings punkten: Der Anteil der Fahrten mit Störung an der Klimaanlage fiel von 3 Prozent in 2016 auf 0,7 Prozent in 2017. Das häufigste der sogenannten Zustandsprobleme bleibt die Störung an mindestens einer Außentür. Hier hat die RB 30 die größten Probleme: 7,9 Prozent aller Fahrten wiesen Türstörungen auf (2016: 7,3). Beim Thema Störung an den Fahrgastinformationssystemen ist die RB 26 hervorzuheben: Sie zeigt sich gänzlich frei von Störungen. Doch auch alle anderen untersuchten Linien konnten sich hier deutlich verbessern.

Den kompletten Qualitätsbericht finden Sie im Internet: www.nvr.de.

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