10.06.2013

Guildo Horn machte den Barrierefrei-Check in Aachen

Achtung: Nachricht stammt aus dem Archiv

Wie alltagstauglich ist der Aachener ÖPNV für Menschen mit Behinderungen? Entertainer Guildo Horn machte am 8. Juni den Selbsttest. Im Rollstuhl sitzend kaufte er ein Ticket, ließ sich mit einem Treppenlift zum Bahnsteig fahren und nahm schließlich den Bus zum Aachener Kapuziner Karre.

Darüber hinaus ließ er sich die Bedeutung der taktilen Systeme für Blinde erklären. Sein Fazit: »Wenn man mit dem Rollstuhl unterwegs ist, geht alles sehr langsam. Man braucht Geduld und ist auf fremde Hilfe angewiesen.« Begleitet wurde der Entertainer von Vertretern der Gemeinschaftskampagne »Busse & Bahnen NRW«, AVV, ASEAG, DB Regio NRW, Vertretern der Stadt Aachen, Politikern und Vertretern von Behindertenverbänden.

»Es wird schon eine ganze Menge für Rollstuhlfahrer getan. Dennoch gibt es noch viele Verbesserungsansätze. So fände ich es schön, wenn man auch spontan unterwegs sein könnte, ohne sich vorher an Haltestellen oder bei der Bahn anmelden zu müssen«, so Ursula Mühlenbeck, 1. Vorsitzende Fraternität Aachen. Hans Joachim Sistenich, AVV-Geschäftsführer: »Wichtig ist, dass die ganze Wegekette von der Haustür bis zum Ziel barrierefrei ist. Daran arbeiten wir. Und so gehen auch von der heutigen Veranstaltung starke Impulse aus. Im AVV sind bereits 40 Haltepunkte entsprechend ausgestattet, weitere Modernisierungen sind geplant.«

»Jetzt oder nie: Mehr Ha(a)rmonie. Das ist eine Aktion, die ich sehr gerne unterstütze. Wir können von Menschen mit Behinderungen viel lernen. Das zeigt sich gerade auch im öffentlichen Nahverkehr. Wenn wir hier aufeinander Rücksicht nehmen, profitieren alle davon,« erklärte Guildo Horn nach der gut zweistündigen Rollstuhltour. »Was einem Rollstuhlfahrer nützt, ist zum Beispiel auch für ältere Leute mit Rollator oder für Mütter mit Kinderwagen praktisch«, betonte der Entertainer, der sich als gelernter Diplompädagoge für die Inklusion und das selbstverständliche Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung einsetzt.

Bernhard Breuer, Center-Leiter Betrieb ASEAG: »Da wir schon sehr früh das Thema Barrierefreiheit angegangen sind, sind wir im bundesweiten Vergleich bereits heute auf einem sehr hohen Niveau. Wir arbeiten eng mit den Behinderten- und Seniorenverbänden zusammen, um so die Barrierefreiheit in unseren Fahrzeugen immer weiter zu verbessern. Zum Beispiel haben wir gemeinsam mit dem Seniorenverbänden spezielle Halteschlaufen zur Sicherung von Rollatoren in Bussen entwickelt und eingeführt. Neben allen technischen Aspekten gibt es noch viel Potenzial im Miteinander.«

»Viele Busse sind mit sogenannten akustischen Informationen ausgestattet, so dass Sehbehinderte über die Haltestellen informiert werden. Das ist wichtig, um den Ausstieg rechtzeitig zu planen«, ergänzt Marcel Latz, Vertreter des Blinden- und Sehbehindertenverbands Aachen.

In NRW sind täglich mehr als sechs Millionen Menschen mit Bussen und Bahnen unterwegs. Im Zuge des demografischen Wandels steigt die Zahl älterer Fahrgäste kontinuierlich. Dazu sind rund 2,5 Millionen Menschen mit Behinderungen auf die öffentlichen Verkehrsleistungen im Land angewiesen. »Wir haben in den vergangenen fünfzehn Jahren beim barrierefreien Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs viel erreicht. Aber trotz aller baulichen und technischen Vorkehrungen gibt es immer wieder Situationen, wo gegenseitige Rücksichtnahme und menschliches Miteinander gebraucht werden«, erklärte Klaus Vollmer, Leiter Kompetenzcenter Marketing NRW.

Positive Stimmung bei der Abschlussdiskussion

Die Abschlussdiskussion fand auf der Bühne des KlimaACtionstages im Aachener Kapuziner Karree statt, zu der auch die Bundestagsabgeordnete Ulla Schmidt, die auch Bundesvorsitzende der Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. ist, hinzukam und eine weitere Lanze für die Inklusion brach. Alle Beteiligten zogen eine positive Bilanz: In Aachen und Umgebung wird schon viel rund um das Thema Barrierefreiheit getan. Doch klar ist auch, dass noch an verschiedenen Stellen Verbesserungen wünschenswert und nötig sind. Pläne dafür liegen für einige Projekte im öffentlichen Nahverkehr und im Städtebau vor. Die Vertreter der Behindertenverbände lobten die Veranstaltung, da auf diese Weise und mit Fürsprechern wie Guildo Horn, Ulla Schmidt und auch den anderen Beteiligten die Bedeutung des Themas in die Öffentlichkeit getragen werde und die Menschen aufrüttele. Man habe einen konstruktiven Dialog begonnen, den es nun fortzusetzen gilt. Und überall dort, wo es aufgrund baulicher Gegebenheiten oder wegen fehlender finanzieller Mittel keine Verbesserung geben kann, ist das Miteinander untereinander und das Verständnis füreinander gefragt.