Arriva übernimmt zum Fahrplanwechsel den Betrieb des gesamten Nahverkehrs in der südlichsten Provinz der Niederlande. Eine Herkulesaufgabe. Dennoch haben Roos Zevenboom von Arriva und Dominik Elsmann vom AVV Zeit für ein kurzes Interview gefunden.

Zunächst einmal: Neuer Betreiber hört sich einfach an, dahinter steckt aber doch viel mehr?

Roos Zevenboom (Pressesprecherin Arriva): Erstmals wird mit Arriva ein Betreiber den gesamten Schienenpersonennahverkehr als auch den Busverkehr aus einer Hand anbieten. Dies hat für den Fahrgast viele Vorteile. Limburg wird ein multimodales System erhalten – Bus und Bahn werden aufeinander abstimmt und das Netz neu gestaltet.

 

Was haben wir uns unter einem neuen Netz vorzustellen?

Roos Zevenboom: Es wird ein ganz neues Busnetz umgesetzt: Die Linien werden schneller, Linienverläufe gestreckt. Künftig wird es schnelle regionale Buslinien geben und langsamere lokale Linien, die an Knotenpunkten aufeinander abstimmt sind. Die Fahrpläne werden aufeinander abgestimmt, der Takt vereinheitlicht. So wird auf vielen Achsen das stündliche Fahrtenangebot deutlich verbessert.

 

Können Sie uns ein Beispiel nennen?

Roos Zevenboom: Die Linie 44 zwischen Aachen und Heerlen wird künftig auf direktem Wege zwischen den beiden Städten unterwegs sein, da der Umweg über Spekholzerheide entfällt. Dadurch kann die Linie in Heerlen über die Hogeschool Zuid geführt werden, wovon die zahlreichen deutschen Studenten profitieren. Auch die neue Linie 364 zwischen Heinsberg und Roermond wird als Schnellbus verkehren.

 

Wo wir gerade über die grenzüberschreitenden Linien sprechen: Was ändert sich tariflich?

Roos Zevenboom: Zunächst bleibt alles wie bisher, d.h. Arriva wird im AVV alle gültigen Nahverkehrstarife sowie darüber hinaus alle vorhandenen grenzüberschreitenden Tarife wie z. B. das euregioticket und den Übergangstarif Heerlen, anerkennen. Für die neuen Linien Geilenkirchen – Sittard und Heinsberg – Roermond werden ab Dezember ergänzende Regelungen gelten. Grenzüberschreitend soll es zudem perspektivisch Vereinfachungen bzw. Verbesserungen bei Tarifen und Ticketing geben.

Dominik Elsmann (Euregionale Koordinierungsstelle beim AVV): Arriva übernimmt in einem Gebiet von der Größe des AVV den gesamten Nahverkehr. Aufgrund der Kürze der Zeit zwischen endgültiger Vergabe der Konzession für Limburg im Juni und der Betriebsaufnahme waren weitergehende Regelungen leider nicht möglich. Dazu sind komplexe Verhandlungen und Abstimmungen zwischen den verschiedenen Partnern notwendig – und Arriva hat derzeit auch alle Hände voll zu tun, einen reibungslosen Start zu gewährleisten.

 

Mit Arriva wird erstmals ein niederländisches Verkehrsunternehmen Partner im AVV. Dies macht sicherlich vieles einfacher, oder?

Dominik Elsmann: Wir schaffen die vertraglichen Grundlagen, um alles weitere zu regeln und abzuarbeiten. Mit Veolia war bisher alles auf freiwilliger Basis geregelt – weitergehende Lösungen waren aufgrund eines finanziell engen Handlungsspielraums nicht möglich. Dies muss man berücksichtigen, wenn man das bisher Erreichte bewerten will.

 

Was sind denn weitere Hindernisse?

Dominik Elsmann: Wir haben es mit unterschiedlichen Aufgabenträgern zu tun, die in verschiedenen nationalen Kontexten agieren. Das, was sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, lässt sich nicht einfach über Bord werfen. Aber wir arbeiten an einer Verbesserung. Dies ist mit der Einbindung von Arriva in den AVV deutlich einfacher.

 

Wie sehen die Pläne aus?

Dominik Elsmann: Der grenzüberscheitende Verkehr muss wie der Verbundverkehr einheitlich geregelt sein. Wir möchten ein einheitliches System für alle grenzüberschreitenden Linien zwischen dem AVV und Limburg schaffen. Außerdem ist geplant, den NRW-Tarif auf Limburg auszudehnen.

Roos Zevenboom: Bartarif, Zeitkarten oder Tickets zum Pauschalpreis - wir wollen Tickets für alle Kundengruppen anbieten. Ob Schüler, Studierende, Pendler, Senioren oder Freizeitreisende – jeder sollte im grenzüberschreitenden Ticketsortiment das passende Ticket finden.

 

Von welchem Zeithorizont wird dabei ausgegangen?

Dominik Elsmann: Wir werden in 2017, wenn Arriva den Start absolviert hat und der Betrieb rund läuft, mit den Arbeiten an einem einheitlichen Tarifsystem beginnen. Mitte 2017 startet zudem der Pilotversuch mit technisch erweiterten Chipkarten und EFM-Hintergrundsystemen im Rahmen des Horizon 2020 Projekts „Eureopean Travellers Club (ETC)“, um auf den grenzüberschreitenden Linien die Nutzung elektronischer Tickets beider Länder zu ermöglichen.

Roos Zevenboom: Zum Fahrplanwechsel werden zunächst Lücken im grenzüberschreitenden Verkehr geschlossen, um dann in den nächsten Schritten gemeinsam daran zu arbeiten, die Tarife weiter zu vereinfachen.

 

 

Vielen Dank für das Gespräch.